Wir haben unser Herz zwar nicht in Heidelberg verloren…

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… wie es in einem Schlagerlied besungen wird, aber unser Kurztripp in diese romantische Stadt, von der die Amerikaner sagen „better than Disneyworld“ hat sich dennoch gelohnt für uns.

Fragt man Amerikaner, was für sie die deutscheste aller Städte ist, so werden sicher sehr viele antworten: natürlich Heidelberg! Das liegt zuallererst an der über 60 Jahre währenden Präsenz des Headquarters der US Army Europe bis 2013, aber auch an Heidelberg selbst. Und dieses Heidelberg, in dem bisher wir beide noch nie waren, wollen wir in einem radikalen Kurztripp erkunden. Quasi: Heidelberg wie Hardcore Japaner 🙂

Freitag Abend geht es los. Edith und ich reisen auf verschiedenen Wegen an. Edith kommt mit dem Zug aus München, ich mit dem Auto aus Stuttgart. Treffpunkt ist der Heidelberger Hauptbahnhof. Dort haben wir uns in einem Hotel eingebucht. Ziel ist die Heidelberger Altstadt, inklusive Abendessen, in einem Rutsch zu erkunden.

Das bleibt euch Lesern leider nicht erspart 🙂 : Zwei, drei knappe Sätze zur Geschichte von Heidelberg, dann geht es schon los. Heidelberg wurde bereits vor 500 v. Chr. durch die Kelten besiedelt. Sie bauten auf dem Heiligenberg eine größere befestigte Siedlung. Später breiteten sich die Römer hier aus. Ab 70 n. Chr. herrschten sie hier mit zwei großen steinernen Kastellen über die Region. Bis 260 n.Chr. der Germanenstamm der Alemannen den Limes durchbrach und sehr viel später, über die Zeit, die Region Zug um Zug in das bekannte Frankenreich überging. Es folgte ein langes dunkles Mittelalter, in dem Heidelberg weitgehend im Besitz des Bistums Worms war. 1386 wurde dann die Universität Heidelberg gegründet, als dritte Universität im Heiligen Römischen Reich (nach Prag und Wien) und damit bereitete sich Heidelberg auch schon ruck zuck auf die neue Zeit vor. War das knapp genug 🙂 ? Die Geschichte von Heidelberg in 10 Zeilen!

Zurück zu unserem Blitztripp: Freitag Abend also versuchen Edith und ich die Heidelberger Altstadt zu erkunden. Den ganzen Rest schenken wir uns schon mal. Wir sind ja heute Japaner 🙂 . Mit der Straßenbahn fahren wir zum Bismarckplatz, dort beginnt die Hauptstraße, laut Hotelrezeption der Eingang zur Altstadt. Hier lernen wir schon die erste Lektion: Japaner können sich den Start hier sparen, es gibt hier nichts Besonderes zu sehen.

Apropos… Einheimische nennen die Hauptstraße auch ganz despektierlich „Idiotenrennbahn“, wie wir beim Abendessen an eben dieser Rennbahn erfahren haben.

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Professionelle Ein-Abend-Kurztripp-Intensiv-Japaner können also locker ein gutes Stück weiter östlich an der Heiliggeistkirche starten. Hier liegt rund um die Kirche und nördlich bis zur Alten Brücke (Neuhochheidelbergerisch: Old Bridge!) das Heidelberg, das der Blitztourist sucht!

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Jede Menge Restaurants, Kneipen, malerische Ecken, alles was die japanisch / amerikanische Kamera so sucht und das romantische Herz erfreut. Das ist unsere Ecke! Das Wetter ist gut, die Temperatur auch um 23:00 Uhr noch gut 25 Grad und der Wein schmeckt hervorragend. Und übrigens gibt es hier tatsächlich jede Menge echte Japaner. Und natürlich auch Amerikaner. Das sind hier ja quasi Einheimische.

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Irgendwann kurz vor Mitternacht fahren wir mit dem Taxi zurück zum Hotel. Heidelberger Schloss und was es alles so gibt, überlassen wir den nächsten japanischen und amerikanischen Touristen. Uns reicht es so.

Gut ausgeruht geht es dann am nächsten Vormittag nordwestlich weiter Richtung Bingen am Rhein. Die Akkus der japanisch/bayerischen Kamera sind wieder aufgeladen und auch wir beide sind nach einem guten Frühstück wieder fit.

Mittags treffen wir uns hier in Bingen mit einigen Verwandten, der Grund für unseren Kurztrip in den hohen Norden, jedenfalls nördlich von Bayern. Gemeinsam wollen wir Bingen und das gegenüber liegende Rüdesheim besuchen und einfach einen schönen Tag haben.

DSCF3831 DSCF3853                                 (links Bingen, rechts Rüdesheim)

Leider kommt der geneigte Leser auch an dieser Stelle um ein wenig Geschichte in 10 Zeilen nicht herum 🙂 . Kurz und knapp: Bingen war schon unter den Kelten bewohnt und hieß damals Bingium, keltisch für „Loch im Fels“, die Bezeichnung für die Untiefe gleich hinter dem Mäuseturm. Heute heißt die Stelle das Binger Loch. Ab dem 1. Jhdt haben die Römer hier in Bingen gesiedelt, eine hölzerne Brücke gebaut und ein Kastell am Brückenkopf. Über das Mittelalter wurde Bingen mehrfach verschenkt, verkauft, zerstört und abgebrannt. Sehr viel später waren die Franzosen hier und auch die Preußen. Und heute eben die Touristen.

(Das waren erst 7 Zeilen; die restlichen 3 hole ich später nach.)

Bingen ist ruhig, sehr ruhig, aber auch nett. Und mit dem Schiff kann man nach Rüdesheim rüber fahren! Was wir auch machen. Rüdesheim ist ein recht bekannter Ort. Wie in Heidelberg ist der Tourismus hier sehr kultiviert worden. Wir fahren mit der Seilbahn zum Niederwalddenkmal hoch, genießen den wirklich tollen Blick von oben auf den Rhein, auf Rüdesheim und Bingen und fahren wieder runter.

thumb_DSCF3844_1024 thumb_DSCF3869_1024                                           (rechts: Blick von Bingen auf Rüdesheim)

Unten angelangt müssen wir natürlich in die Drosselgasse. Zum Glück haben wir kundige Führer dabei, die diese zielstrebig ansteuern. Nach unserem gestrigen Heidelberger Abend fühlen wir uns hier sofort heimisch.

DSCF3855 thumb_DSCF3860_1024 DSCF3857                                     (die Drosselgasse)

Die Geschichte von Rüdesheim schreibt sich analog zur Bingener Geschichte, das spart Zeilen. Deshalb ein Wort zum Bingener Mäuseturm, von dem der eine oder andere vielleicht schon gehört hat. Der Mäuseturm steht auf einer kleinen Insel im Rhein. Der Sage nach ließ ihn ein Mainzer Erzbischof im 10. Jhdt bauen. Während einer Hungersnot soll der geizige Erzbischof den hungernden den Zutritt zu seiner Kornkammer verwehrt haben und sogar viele bettelnde in einer Scheune absichtlich verbrannt haben. Als er sich dabei über die Verbrennenden lustig machte, sollen aus allen Ecken eine wahnwitzige Menge Mäuse gekommen sein. Auf der Flucht vor den Mäusen fuhr er mit dem Boot auf die Insel mit dem Turm. Zu seinem Unglück konnten die Mäuse aber wohl schwimmen und haben ihn dort bei lebendigem Leib aufgefressen. Daher der Name: Mäuseturm. Zugegeben, das waren jetzt etwas mehr als 3 Zeilen, aber hoffentlich spannend 🙂

DSCF3872 (im Vordergrund der Mäuseturm)

Mit meinen Verwandten verbringen wir einen schönen geselligen Abend in der Jugendherberge in Bingen (übrigens sehr empfehlenswert; sehr schöne Lage, super sauber und komfortabel). Bei Grillfleisch, Würsteln und Bier lässt es sich gut leben und reden. Bis in die Nacht genießen wir den tollen Blick auf den Rhein.

Und am nächsten Morgen geht es für uns schon zurück nach München. Der nächste Trip wartet schon in der Reise-Schublade auf uns! Diesmal dann vielleicht nicht ganz so hardcore japanisch 🙂

4 Gedanken zu „Wir haben unser Herz zwar nicht in Heidelberg verloren…

  1. Liebe Edith und Hermann,
    Da ich eure berichte auch sehr gerne lese und ihr den Limes erwähnt habt, rate ich euch auch den Anfang vom Limes zu erkunden:). Der liegt hier bei uns in der Gegend 20 km nördlich von Neuwied, natürlich Fahrradweg:). Und es ist immer noch nicht der hohe norden:-)))

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  2. Ihr habt eine Gegend besucht, die ich auch kenne. In Rüdesheim war ich sogar mehrfach. Sehr romantisch, wenn man nicht wie die Japaner durchflitzt. Aber Essen und Trinken habt Ihr ja wohl genossen ;o) und das ist aus meiner Sicht die Voraussetzung für einen gelungenen Kurztrip.
    Witzig finde ich die bayerische Einschätzung, wo der HOHE NORDEN beginnt (trotz der Relativierung „jedenfalls nördlich von Bayern“). Da sind wir in Leer ja wohl Arktis :o)))
    Eine Frage habe ich zum japanischen Reiseverhalten: inwieweit ist das Realität und inwiefern Vorurteil? Habt Ihr damit eigene Erfahrungen gemacht? Ich kenne diese Einschätzung ja auch, aber stimmt sie?
    Was mir besonders gefällt: so streift man den Alltag kurzfristig ab um ihn danach wieder besser zu ertragen!
    herzliche Grüße
    und DANKE, dass Ihr Eure Freunde und mich daran teilhaben lasst.
    Siggi

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    • Lieber Siggi, es freut uns, dass du unsere Reisen verfolgst. Unsere Meinung um japanischen Reiseverhalten stützt sich auf unsere Beobachtungen von japanischen Reisegruppen und natürlich auch auf Vorurteile:-). Aber wenn man Europa-Reisepläne von Japanern und auch Amerikanern so anguckt, dann sind es vermutlich nicht nur Vorurteile.

      Hoher Norden ist für uns alles über der Donau:-))))). Wir Bayern sind da echt auch ein wenig seltsam:-)

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